Datenschutz vs. Geheimnisschutz

Hier liest man sich die Datenschutzerklärung durch, da unterschreibt man die Regelungen der ärztlichen Schweigepflicht. Aber ist das nicht alles das Gleiche, Daten und Geheimnisse? Nicht ganz.

Zwar haben Datenschutzrecht und ärztliche Schweigepflicht ähnliche Ziele, nämlich den Schutz von nicht-anonymisierten Daten. Doch entspringen die Bestimmungen unterschiedlichen Grundrechten. Dabei kann die ärztliche Schweigepflicht auf eine lange Tradition zurückblicken.

Schon 400 v. Chr. Soll sie der Eid des Hippokrates ins Leben gerufen haben: „Was immer ich sehe und höre bei der Behandlung oder auch außerhalb der Behandlung im Leben der Menschen, so werde ich von dem, was niemals nach außen ausgeplaudert werden soll, schweigen, indem ich alles Derartige als solches betrachte, das nicht ausgesprochen werden darf.“

Schon damals bestand also ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient, das als Voraussetzung für die ärztliche Behandlung betrachtet wurde. Durch die erstmalige rechtliche Festschreibung im 19. Jahrhundert und das Genfer Arztgelöbnis 1948 bekräftigte man das Interesse zum Geheimnisschutz. Das jüngere Schweigegebot in §203 StGB und entsprechende berufsrechtliche Regelungen haben grund- und menschenrechtliche Grundlagen und entspringen dem Schutz der Privatsphäre als Erscheinungsform des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts.

Das Datenschutzrecht hingegen greift weiter: Es schützt nicht nur Geheimnisse innerhalb der Arzt-Patienten-Beziehung, sondern drückt das generelle Interesse am Schutz personenbezogener Daten aus. Dahingegen schützt das Geheimnisschutzrecht nur diejenigen Informationen, die von Patient*innen als Geheimnis eingestuft werden. Außerdem referiert es nur auf einen bestimmten Ausschnitt des Umgangs mit Daten – Erhebung und Speicherung werden nicht erfasst; Fahrlässigkeit als Motiv für die Weitergabe von schutzbedürftigen Informationen nicht beachtet.

Dochow, C. (2023) „Opt-out für die elektronische Patientenakte und die ärztliche Schweigepflicht“, Medizinrecht: MedR, 41(8), S. 608–620. https://doi.org/10.1007/s00350-023-6530-9.

Kus, K., Kajüter, P., Arlinghaus, T., & Teuteberg, F. (2022). Die elektronische Patientenakte als zentraler Bestandteil der digitalen Transformation im deutschen Gesundheitswesen – Eine Analyse von Akzeptanzfaktoren aus Patientensicht. HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik, 59(6), 1577–1593. https://doi.org/10.1365/s40702-022-00921-5

Dochow, C. (2022). Opt-ionen für die elektronische Patientenakte: – Einwilligungs- oder Widerspruchsmodell? Datenschutz und Datensicherheit – DuD, 46(12), 747–755. https://doi.org/10.1007/s11623-022-1697-1

Dochow, C. (2017). Grundlagen und normativer Rahmen der Telematik im Gesundheitswesen: Zugleich eine Betrachtung des Systems der Schutzebenen des Gesundheitsdaten- und Patientengeheimnisschutzrechts. Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG.