Achtung vor der Illusion! Online-Beratungsangebote werden als schnelle Antwort auf Therapiebedarf präsentiert. Aber: Sie ersetzen nicht die persönliche Therapie vor Ort!

Seit einigen Jahren gibt es immer mehr Angebote, sich im Netz psychologisch beraten zu lassen. Wenn man in die Suchmaschine „Online-Therapie“ eingibt, werden einige Angebote vorgeschlagen, viele davon gesponsert. Im Folgenden wird eines von vielen Angeboten, die Seite instahelp.me, genauer analysiert.
Das Videobanner der Website zeigt Personen, die mit einem Laptop auf der Couch sitzen oder liegen und dabei reden oder Kaffee trinken. In der Mitte steht groß:

Psychologische Beratung ONLINE
Ohne Wartezeit, vertraulich & anonym.
Nimm dir Zeit für dich!
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Die Seite informiert darüber, dass aus über 260 erfahrenen Psycholog:innen ausgewählt werden kann und die ausgewählte Person sich innerhalb von 24h meldet, um die Beratung zu starten. Die Kosten für das Angebot lassen sich unter der Kategorie „Preise“ einsehen. Die 30-minütige Erstberatung kostet 49€. Danach betragen die Kosten 69€/50 min, 49€/30 min und 138€/ 75min bei Paarberatung. Bezahlt werden kann per Paypal, Visa, Sofort-Überweisung oder Mastercard. Verglichen wird das Ganze mit der „klassischen Therapie vor Ort“, welche 120€/Einheit kosten soll. Dass diese Kosten gegebenenfalls durch die Krankenkasse gedeckt werden, wird außer Acht gelassen. Zudem werden Vorteile gegenüber der „klassischen Therapie“ gelistet. Dazu gehört, dass keine Terminvereinbarung notwendig und die Beratung außerdem völlig anonym und auch abends oder am Wochenende möglich sei. Diese Informationen scheinen fehlzuleiten, denn auch bei Instahelp muss man eine terminliche Absprache mit der beratenden Person treffen. Ich sehe diese Online-Angebote kritisch. Menschen, die Unterstützung benötigen, wird suggeriert, dass eine Knappheit an Angeboten existieren würde, durch welche die Preise der Online-Beratung legitimiert werden.

Auch die Bewertungen der sogenannten „Kund:innen“ – nicht „Patient:innen“ – werden präsentiert. Hier scheint es jedoch zu Verwirrung zu kommen: Obwohl Instahelp betont, dass es sich um ein Beratungsangebot handelt, welches keine Therapie ersetzen kann, sprechen einige der Kund:innen von Therapie. Zudem wird zwischen den Begriffen Berater:innen und Psycholog:innen gewechselt. Hierbei wird nicht erwähnt, dass es neben der ambulanten Psychotherapie auch stationäre Einrichtungen gibt für Personen, die dringend Unterstützung brauchen. Zudem gibt es ein großes Netz an kostenlosen Beratungsstellen vor Ort, welche ebenfalls eine erste Anlaufstelle sein können.
Um sich für die Beratung anzumelden, müssen einige Schritte erfolgen: Zunächst wird man von einem Schriftzug vor einer Berglandschaft aufgefordert, die Augen zu schließen und langsam ein- und auszuatmen. Nun soll die aktuelle Stimmung bewertet werden. Ausgewählt werden können „Danke, ganz gut“, „Leider gar nicht gut“ und „Ich kann nicht mehr“. Im Anschluss werden erneut die Vorteile der Beratung von Instahelp aufgelistet. Zuletzt müssen Präferenzen bezüglich der Beratung ausgewählt werden. Hierzu gehören Beratungsformat und -zeit, Beratungsschwerpunkt sowie das Geschlecht der beratenden Person. Anhand der gewählten Präferenzen werden verfügbare Psycholog:innen vorgeschlagen. Die Profile verfügen über ein Profilfoto, einen kurzen Ansprachetext und die Bewertungen von anderen Kund:innen. Manche der Profile enthalten zusätzlich ein kurzes Video, diese wirken allerdings unprofessionell. Sie sind in schlechter Qualität aufgenommen, der Text wird scheinbar nur abgelesen und die Personen verhalten sich unsicher. Neben fast allen Profilen sticht ein orangener Banner ins Auge: „Nur noch 1 freier Platz“. Es wird suggeriert, man müsse sich schnell entscheiden, da die Psycholog:innen begehrt seien.

Die Website ermöglicht eine schnelle und unkomplizierte Registrierung für die Online-Beratung. Jedoch bleiben einige Fragen offen: Wie genau sieht die Online-Beratung aus? Wie läuft beispielsweise der Text-Chat ab? Worin besteht die Unterscheidung zu einer Therapie? Auch die Frage nach dem Datenschutz klärt sich nicht vollständig. Aus ethischer Sicht muss sichergestellt werden, dass vertrauliche und sensible Daten geschützt sind und bleiben und keine Dritten darauf zugreifen können.

Die Seite erweckt den Anschein, dass Online-Beratung besser als Therapie in Präsenz sei, da weniger Aufwand damit verbunden sei. Der geringere Aufwand geht jedoch mit hohen Kosten einher, die bei der Therapie nicht vorhanden sind. Zudem gibt es weitere kostenlose Angebote, wie beispielsweise die Telefonseelsorge, die 24/7 verfügbar ist.

Problematisch ist, dass nicht auf den ersten Blick ersichtlich ist, dass dieses Beratungsangebot keine Therapie ersetzt. So werden Personen fehlgeleitet und merken vielleicht zu spät, dass dieses Angebot keine Therapie darstellt.
Auch die Gebundenheit an die Technologie kann eine Herausforderung darstellen. Falls es zu Ausfällen seitens der Technologie kommt, kann dies dazu führen, dass sich betroffene Personen im Stich gelassen fühlen und dadurch in eine persönliche Krise geraten.

Durch die Wahl der Medien geht zudem die nonverbale Kommunikation verloren, wie beispielsweise Gestik oder unbewusste Verhaltensweisen, welche Aufschlüsse über tiefergehende psychologische Ursachen geben können.
Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es noch nicht genügend empirisches Material, das die Wirksamkeit von Online-Beratungsformaten wie Instahelp untersucht und analysiert. Da immer weitere Angebote für die Beratung online entstehen, wäre es wünschenswert, dass hierzu weiter geforscht wird, um einzuschätzen, welchen Einfluss diese Angebote besitzen.